
„Ich will verstehen.“
Meinung
Jede und jeder hat sie. Eine Meinung. Mittlerweile zu fast allem, spätestens seit eine giftige Boulevard-Zeitung genau dazu imperativ aufruft.
Nachrichten sind in Zeiten von Kurzatmigkeit - das waren sie allerdings im Fall dieses Mediums noch nie - selten dazu geeignet, Sachlagen zu beschreiben, zu analysieren, in einen Kontext zu bringen und so verständlich zu machen. Sie werden zunehmend danach ausgewählt und so dargestellt, dass sie möglichst flott an die Instinkte appellieren. Schnappatmung garantiert.
Genuss
Zum Ende des 20. Jahrhunderts hat sich in der westlichen Welt die Vorstellung breit gemacht, es sei alles zu haben, es könnte jeder individuelle Anspruch nach Wohlstand, Glück und Grenzenlosigkeit erfüllt und das Leben fortwährend gefeiert werden.
Es gab kein Halten.
Anstrengung
Das hat man heutzutage nicht so gerne. Viel lieber soll es angenehm sein, am besten gar „sexy“. Allein schon der Hauptteil des Wortes - streng - ist nicht geeignet für eine Welt, in der es vorzugsweise entspannt, ohne Druck und unterhaltsam zugehen soll.
In dem Moment, wo jemand mit „Arbeitsmoral“ oder gar der Anforderung nach „Leistung“ um die Ecke kommt, wird es eng.
Ästhetik
Ästhetik wird oft mit Schönheit gleichgesetzt. Doch Ästhetik ist viel mehr, liegt im Verborgenen, geht tiefer und wirkt intensiver. Denn damit ist nicht einfach der Eindruck von Schönheit gemeint, die Bewertung einer Oberfläche. Ästhetik braucht die Befassung mit dem Subjekt oder Objekt, braucht den Einsatz aller Sinne, sucht nach einer Bedeutung, die sich in der Regel nicht auf den ersten Blick erschließt.
Nonkonformismus
Formen, Strukturen, Rahmen, Grenzen. All dies ist erfunden worden, soll geeignet sein, Dinge zu ordnen, sie zugänglich, vielleicht verständlich zu machen. Solche Methoden geben Halt, Orientierung, machen die Angelegenheit übersichtlich. Ob explizit oder stillschweigend - eine Gruppe Menschen einigt sich auf solche Bedingungen, die anderen folgen, alles ist geklärt.
Interpretation
Alles, was nicht klar ist, nicht eindeutig, was sich unserem direkten Zugang entzieht, wo wir nicht hinter die Kulissen schauen können, ist auf der einen Seite verunsichernd, eröffnet jedoch auf der anderen Seite große Spielräume. Und nun steht die große Frage im Raum, wie dieses Spiel gespielt werden und wer daran teilhaben kann.
Logik
Dieser Begriff hat es in Zeiten von Fake News, der Vermüllung der Kommunikation über Lügen, der Manipulation von Inhalten in Wort und Bild gar nicht so leicht. Seine Bedeutung erst recht nicht. Und da fängt es schon wieder an mit der Herausforderung: Was eigentlich ist Logik?
Außergewöhnlich
Dies ist das erste Adjektiv, das es als Titel in diesen Blog schafft, in dem bislang nur Substantive standen. Warum das? Ein „Hauptwort“, wie man ein Substantiv auch bezeichnet, ist mit dem Begriff außergewöhnlich nicht wirklich zu bilden. Außergewöhnlichkeit ist in der Bibel der deutschen Sprache, dem Duden, nicht vorgesehen.
Entscheidung
Täglich werden sie getroffen. Entscheidungen. Der Wortbedeutung nach müsste damit gemeint sein, etwas vorher Getrenntes, Geteiltes wieder zusammenzufügen. Man bereinigt demnach eine uneinige Situation, bringt eine konstruktive Lösung herbei. Das Gegenteil von Scheidung.
Das klingt zu schön, um wahr zu sein.
Stimmigkeit
„Stimmt so.“ Sagt man leicht dahin, wenn man z.B. für den freundlichen Service noch was oben drauf legt.
Doch ist es damit auch richtig? Erst recht, ist es stimmig? Denn das ist nicht unbedingt das Gleiche. Tatsächlich stimmt gerade kaum mehr etwas. So wie es ist, kann es nicht einfach bleiben.
Absurdität
Es lassen sich manchmal Worte entdecken, die im Alltag vielleicht gar nicht so üblich sind, die schnell vorbei rauschen, nicht weiter bemerkt werden. Irgendwie kennt man sie, hat sie auf jeden Fall schon gehört, hat eine Ahnung davon, was sie bedeuten könnten, man kann sie also einordnen, mehr muss man nicht wissen. Die nächsten Worte kommen ja schon hinterher.
Dabei ist manch eines dieser Worte richtig schön.
Probleme
Dieses Wort ist aus dem Vokabular von Leuten, die sich in der Öffentlichkeit äußern, tabu. Es gibt sie nicht. Herausforderungen ja. Die packt man an. Probleme haben nur Looser.
Dabei zeigt sich zunehmend: Die Themen, die den Diskurs gesellschaftsübergreifend und weltumspannend beherrschen, sind nicht einfach durch Ärmelaufkrempeln zu lösen.
Nichtstun
In diesem Land steht Nichtstun in einer Reihe mit Tunichtgut. Jemand, der nichts tut, kann folgerichtig nicht gut sein. Und erst recht nichts gut machen. Denn er oder sie macht ja gar nichts.
Irgendwie ganz schön verflixt.
Nichtstun hat, so kann man es wohl zusammenfassen, keinen guten Leumund. Ganz im Gegensatz zum Savoir-vivre oder dem Dolce-far-niente - Italienerinnen und Franzosen haben da eine andere Haltung.
Zivilisation
Die Zivil-Gesellschaft, zivilisiertes Verhalten - da fühlt man sich wohl. Da hat alles seine Ordnung, hier geht es friedlich zu.
Forscht man nach der Herkunft des Begriffs - der sich immer merkwürdiger anhört, je öfter man ihn vor sich hinspricht - dann kommen diese Bedeutungen (und manche mehr): bürgerlich, nach gesellschaftlichen Normen handelnd, angemessen, höflich, privat, nicht militärisch.
Fotografie
Wenn man sich die Zusammensetzung dieses Wortes vor Augen hält, dann steckt da die Bedeutung „mit Licht zeichnen“ drin. Wie poetisch. Vor allem, wenn man sich dann wiederum anschaut, was heute so alles unter diesem Begriff in die Welt gesetzt wird. Da ist es bald vorbei mit der Poesie.
Sicherheit
“So sicher wie das Amen in der Kirche“, „sicher wie eine Bank“, andere Formen von Sicherheitsgarantien - für Freiheit, für Frieden, für die Gültigkeit von Abkommen und Versicherungsverträgen. Darauf haben wir uns lange verlassen. Dass es Sicherheit gibt. Dass Menschen, Männer in machtvollen Personen - ob gewählt oder nicht - daran interessiert sind, Sicherheit zu schaffen, ja zu garantieren und den weniger machtvollen Menschen damit ein Umfeld zu ermöglichen, in dem es sich hier, jetzt und morgen einigermaßen gefahrlos leben lässt.
Wirtschaft
„Nicht alles ist Wirtschaft, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts.“ Was für eine krause Logik. Und nur dadurch, dass diese industriekapitalistische Behauptung immer wieder breitbeinig behauptet wird, wird der Satz nicht wahrer.
Aus der gleichen Ecke kommen andere Kalendersprüche wie „Man kann nicht nur von Luft und Liebe leben“ oder „Man muss arbeiten, um sich seine Brötchen zu verdienen“ oder auch „Geld regiert die Welt“.
Dröseln wir das Ganze doch mal auseinander.
Zahlen
… Daten, Fakten. Das ist es, was zählt. Was diesen meßbaren, rechenbaren und statistisch ermittelbaren Werten nicht entspricht, fällt durch.
Egal ob es um den Privat- oder den Bundeshaushalt geht, um Taschengeld, um die Arbeitszeit, um Bezahlung von Leistungen, auch um die Bewertung letzterer, um die Anzahl von Produkten, um Steuern, Abzüge, Budgets, Kosten, Anteile, Verteilungen usw. usf.
Kunst
„Ist nicht so meins“ hört man oft, wenn Menschen mit Kunst konfrontiert werden
„Künstlich“ ist ok - in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, Zusatzstoffen und natürlich - der letzte Schrei - von Intelligenz. Künstliche Intelligenz, chic abgekürzt mit KI oder auch AI, muss man gut finden, sonst gilt man als ewiggestrig und hinter dem Mond (wobei hinter dem Mond oder gleich bis zum Mars auch schon wieder hipp ist).
Zurück zur Kunst.
Steuer
An was denkt man bei diesem Wort wohl zuerst? Kommt drauf an.
Sitzt man in einem Boot, hofft man, dass das Steuer in Ordnung und gut geölt ist, damit man über das Wasser sicher an sein angestrebtes Ziel kommt.
Sitzt man am Schreibtisch mit Formularen vor der Brust, hat man ganz andere Probleme. Im mindesten die mit dem Papierkram.