Redlichkeit

Irgendwie klingt dieses Wort altmodisch, wie aus der Zeit gefallen. Und man fragt sich, wo man sie finden kann, diese Redlichkeit. Doch erst mal: Was ist damit gemeint?

Man ahnt es schon, dass das Wort aus dem Kontext, von Reden kommt. Hier ist ein Reden gemeint, das als vernünftig, als durchdacht und dann als ehrlich und zuverlässig verstanden werden kann. Verhält sich jemand redlich, dann fühlt man sich sicher, korrekt behandelt und bringt diesem Menschen Vertrauen entgegen. Hier muss man keine versteckte Agenda fürchten, nicht befürchten, aufs Glatteis geführt und übervorteilt zu werden.

Nun könnte man meinen, dass dies nahe dran ist an Echtheit, heute spricht man gerne gewichtig von „Authentizität“. Diese wird derzeit oft und verbreitet eingefordert. Man darf, ja man soll so sein, wie man wirklich ist, wie es der Persönlichkeit entspricht. Doch hier wird es schon schwierig. Wer ist man denn eigentlich? Ist ein privates Ich gemeint, ein berufliches, ein öffentliches, ein mediales? Oder welches sonst.

In all diesen Fällen gilt: Auf der Suche nach Redlichkeit ist hier kaum jemand. Dabei wäre es durchaus anzustreben, sich auf diese Idee einmal einzulassen.

Sich im eigentlichen Sinne redlich zu verhalten - im Umgang mit anderen und der Welt - bedeutet nicht einfach so zu sein wie man ist oder wie man gerne sein möchte, vielleicht sogar sein muss, eine solche Haltung geht einher mit einem hohen Anspruch.

Denn: Wer ist schon mit ehrlichem Wesen immer vernünftig, äußert sich durchdacht und konsequent zuverlässig? Und: Geht das in dieser Welt überhaupt?

Beobachtet man das Politik-Geschehen, öffentliche oder mediale Auftritte von diversen Personen, so muss man den Eindruck haben, dass wir aus dieser Zeit längst raus sind. Von Redlichkeit ist nur wenig erkennbar. Von Selbst-Darstellung dafür umso mehr.

Die meisten, die da draußen in der Welt um Aufmerksamkeit buhlen, behaupten von sich, sie würden sich ehrlich äußern, würden sagen, was ist, wären an der Vermittlung von Wahrem interessiert. Doch immer häufiger kommt ans Licht, dass wir es mit Täuschung, mit Betrug zu tun haben und dass es immer weniger ratsam ist, dem Glauben zu schenken. Das, was wir hören, sehen, lesen, ist keine Information oder ein Angebot zum Diskurs, sondern viel häufiger eine manipulative Meinung.

Hier hat man es zu tun mit einer Authentizität, die sich an den „Marktbedingungen“, an den Gegebenheiten, an dem ausrichtet, was sich schnell unters Volk bringen lässt. Das ist nicht redlich, sondern zerstört das Fundament eines Miteinanders, das auf Vertrauen angewiesen ist.

Wenn man in der Folge Äußerungen - egal aus welcher Ecke, von wem und wie sie kommen -  grundsätzlich mißtraut, stets die Gefahr sieht, dass sie falsch seien und man benachteiligt werden könnte, dann wird uns der Boden entzogen, auf dem man Gegenwart und Zukunft bauen kann.

Versuchen wir doch mal wieder, uns nicht öffentlichkeitswirksam „authentisch“ zu verhalten, sondern redlich. Holen wir die Idee, die in diesem Begriff steckt, mal wieder ans Licht und gehen wir mit uns und anderen entsprechend um.

Seien und sprechen wir ehrlich, bemühen wir uns um Vernunft, kümmern wir uns um relevante Informationen und üben wir uns in dem Bestreben, nicht ein beeindruckendes „Ich“ präsentieren, sondern mit dem Gegenüber in einen redlichen Austausch gehen zu wollen.

Bemühen wir uns also mal wieder darum, eine Wahrheit zu suchen, die nicht nur unserem Ego nützt, sondern eine gesellschaftliche Qualität hat. Mal ganz ehrlich.

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