Besitz

Eigentum, das Eigenheim, etwas, auf das man Eigenbedarf anmelden kann, all das deutet auf den Wunsch hin, etwas zu besitzen. Ein weit verbreitetes Phänomen in wohlhabenden Ländern des sogenannten globalen Nordens.

Hier ist es möglich, Land, Immobilien zu kaufen, sie dadurch in Besitz zu nehmen und damit im wahrsten Sinne des Wortes einen Status zu zementieren. Mittlerweile nehmen wir bereits den Weltraum „in Besitz“.

Nicht weit entfernt von diesem Begriff ist ein anderer, der allerdings in enger Beziehung dazu steht: Besetzung. Hier ist die Assoziation schon gleich nicht mehr so scheinbar friedfertig. Stattdessen wird hier mit unerlaubten Mitteln ein Raum übernommen, der einem eben nicht gehört, den man nicht besitzt. Also besetzt man ihn. Aus Protest oder eben, um Anspruch darauf zu reklamieren.

Schon an dieser Darstellung zeigt sich, dass Besitz irgendwie ein merkwürdiges Konstrukt ist, das entsprechend bereits verbreitet diskutiert wurde. Doch es ist nach wie vor nicht entschieden, wie wir in einer zunehmend bevölkerten und enger zusammenrückenden Welt auf einem vielfach unter Druck stehenden Planeten Erde mit dem Thema umgehen müssen.

Und man kann sich fragen: Ist das Konzept „Besitz von Grund und Boden“, von Produkten unterschiedlichster Art, von materiellen wie immateriellen Gütern tatsächlich geeignet, Menschen in einer vernetzten und auch mobilen Gesellschaft ein lebenswertes Umfeld und eine ebensolche Zukunft zu sichern? Können an dieser Idee alle Menschen gleichermaßen teilhaben?

Und noch grundsätzlicher gefragt: Ist Besitz tatsächlich etwas, das alle Menschen gleichermaßen anstreben oder ist es eine Vorstellung, die uns als erstrebenswert eingepflanzt wurde. Weil man dadurch Unterschiede manifestieren kann, die die einen abheben von den anderen. Die Macht bedeuten. Die es ermöglichen, sich Vorteile zu sichern und vermeintliche Sicherheiten zu garantieren.

Egal ob es Land ist, auf das Nationen Anspruch erheben, um sich darin eigene Regeln zu geben, ein Stück Grund, auf das man etwas bauen kann, das als ein Zuhause gilt, ein Auto, ein Camping-Gefährt gar, das fährt und parkt, oder andere Konsumgüter, die Platzbedarf haben - das „westliche“ Lebensmodell scheint nicht in die Zeit zu passen. 

Immer deutlicher wird, dass wir an einen Punkt gelangt sind, an dem es, aus der Sicht Besitzender, diesen Besitz zu verteidigen gilt. Wenn gleichzeitig immer mehr Menschen auf den Plan kommen, die auch etwas abhaben wollen, dann bleibt vermutlich nicht für jeden viel sehr übrig. Doch die Nichtbesitzenden lassen sich nicht mehr einfach abspeisen mit alten Methoden der Besitz- und Besitzstandswahrung. 

Wie also - das wäre der Umkehrschluss - sähe ein Leben, sähe eine Welt aus, in der es keinen Besitz mehr gäbe. In dem man sich mit anderen Menschen darüber verständigen muss, wie ein Leben auf dieser Erde möglich ist, so dass alle daran gleichermaßen partizipieren. Und dies auf eine Weise, die Vergangenheit wie Gegenwart wie Zukunft respektiert. Eine Welt, die nicht auf Besitzen und Besetzen, auf Haben und Absichern fokussiert ist, sondern auf ein Teilhaben, ein Teilen, ein Miteinander, das menschlich ist. Das nicht kapitalistischen Standards unterworfen wird, die die Wenigsten festgelegt haben und von denen sie profitieren könnten, sondern nach einer Lebensweise, die der Idee eines weltumspannenden Humanismus näher kommt.

Schöne Vorstellung. Was spricht dagegen, die mal umzusetzen? Vielleicht werden ganz neue Modelle entwickelt, die die Laune heben.

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