Sprache

Hier geht es nicht um Sprache, wie sie in der Schule oder im Rahmen von Weiterbildung in Fremdsprach-Kursen vermittelt wird. National- oder Landessprachen, die man in „fremden“ Regionen vorfindet und die man sich im Rahmen eines Schulprogramms, aus Interesse oder beruflich bedingt aneignen soll.

Hier geht es um die Verwendung von Sprache, um ihr Bedeutung als ein Merkmal menschlicher Kultur.

Sprache ist ein Machtinstrument. Und damit ist auch klar: Wer Wörter, wer Begriffe und ihren Gebrauch definiert, legt fest, wofür sie stehen sollen. 

Wenn Sprache heute das wesentliche Instrument ist, mit dem Politik gemacht, Wissenschaft diskutiert, Medien gefüllt werden, dann bedeutet das Deutungshoheit, die denjenigen zugeschrieben wird, die sich sprachlich äußern, die Texte verfassen, Erklärungen abgeben zu Themen, die uns gesellschaftlich betreffen.

Soweit, so klar.

Wenn man sich nun einmal anschaut, wer es denn ist, der oder die sich äußert, Sprache verwendet, um Dinge voranzutreiben oder in ihrer Bedeutung zu definieren, dann wiederum stellt man fest: Hier sind in überwiegender Anzahl Männer am Werk, Machthaber mit Geld und Einfluss, weitgehend nach den Maßgaben klassischer westlicher Perspektive geprägt. 

Und das wiederum bedeutet: Es handelt sich um einen sehr kleinen Teil von Menschen, der qua der Manifestation, Verwendung und Auslegung von Sprache die Mehrheit der Menschen beeinflusst.

Nehmen wir zum Beispiel gewichtige Begriffe wie Kapitalismus, Leistung, Macht, Grenzen, Führung oder Unternehmen, dann wird schnell ersichtlich: mit weiblicher, mit nicht-weißer, mit sehr junger, mit nicht wohlhabender Gesellschaft haben all diese Begriffe wenig zu tun. Für diese Personen und Gruppen hält die von uns verbreitet angewandte Sprache Wörter bereit wie solche: zweitrangig, fehlerhaft, unfertig bis irrelevant.

Hier sind es also eher Adjektive, die zur Charakterisierung herangezogen werden. Subjektive in ernstzunehmender Qualität kommen weniger zum Einsatz, es sei denn, sie sind geeignet, eine Schublade zu beschriften, die man dann aber auch gleich besser zumacht. Habenichtse, Leistungsverweigerer, Illegale, Untergeordnete, Abhängige.

Sprache ist nicht nur ein Mittel der Verständigung. Sie kann als Waffe eingesetzt werden. Und diese Waffen sind kaum weniger vernichtend als es die vermögen, die die Rüstungsindustrie herstellt.

Sprache kann Welten öffnen, kann befrieden, kann Fantasie wecken, Freude bereiten, Liebe ausdrücken. 

Doch sie kann auch das Gegenteil erreichen.

Tun wir alles dafür, uns unserer Sprachen und ihrer Möglichkeiten bewusst zu sein, um Gesellschaften unter- und miteinander lebendig, entwicklungsfähig und kulturell stark zu machen. Und beziehen wir dabei alle Menschen ein, die auf dieser Erde leben. Das könnte zwar ein ziemliches Sprachwirrwarr ergeben, aber kein dystopisch-babylonisches. Stattdessen wären kreative Lösungen erreichbar, die uns allen gut tun könnten.

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