Koinzidenz
Zufälle gibt‘s - manchmal kann man sich nur wundern. Ob im Alltag, im Beruf, im politischen Betrieb, immer wieder ereignen sich Dinge, die man sich nicht erklären kann, die ein bestimmtes Thema, eine Maßnahme in eine Richtung bewegen, ohne dass die erkennbar aktiv entschieden worden wäre.
Plötzlich kommen Ereignisse zusammen, die man vorher in keinem Zusammenhang gesehen hat. Oder es geschieht zeitgleich etwas, das man sich so nicht hätte vorstellen können.
Wenn man sich in der Welt umschaut, dann gerät einem Vieles vor die Augen, worauf man sich keinen rechten Reim machen kann. Demokratiefeindlicher Rechtsruck. Rückfall in Zeiten, in denen Frauen in die zweite Reihe und ruhig gestellt wurden. Eine weltweite Digitalisierung, die durch KI eine weitere Beschleunigung erfährt. Feindliche Aggression zwischen Ländern und gegenüber Menschen, um Abgrenzung zu vergrößern und Mauern hochzuziehen. Kapitalismus, der sich verselbständigt hat und immer weniger den Menschen nutzt. Die Eroberung des Weltraums durch Wenige zwischen Vision und Wahnsinn. Zerstörung natürlicher Lebensbedingungen, die die Grundlage einer würdigen Existenz sind.
Und nun zur Koinzidenz. Ist das alles Zufall, und ist es Zufall, dass diese Phänomene alle zeitgleich zusammenfallen?
Vermutlich muss dies verneint werden. Von einem zufälligen Ereignis kann man sprechen, wenn ein Blatt vom Baum und auf den Kopf fällt; oder wenn man beim Spaziergang auf eine Musikband trifft, die einen in den Bann zieht.
Da ist nichts geplant, nichts organisiert, nichts konkret angestrebt worden. Das passiert einfach.
Doch die oben genannten Ereignisse sind keine, die einfach so passieren, die zufällig gerade jetzt zu Themen geworden wären, die die Menschheit und das gesamte Ökosystem betreffen. All diese Entwicklungen beruhen auf Maßnahmen, die eine relativ kleine Gruppen von Akteuren (wenigen Akteurinnen) und im Gefolge eine große Schar an Profiteur:innen zu verantworten hat.
Nur in den seltensten Fällen war hier strategisches - also langfristig gedachtes, in Zusammenhängen und unter Beteiligung vieler Betroffener konzipiertes - Vorgehen am Werk. Stattdessen wurde lange Jahre und einige Jahrzehnte hinweg vermittelt, dass man alles im Griff hätte und Bescheid wüßte. Dass das, was man entscheiden würde und wo doch alle mitmachen sollten (auch wollten), zum Wohle der Menschen, der Gesellschaft, des Landes, der Welt wäre. Dass man nicht auf Zufälle setzen würde, sondern auf die Willenskraft und die Durchsetzungsdominanz derjenigen, die sich als Führungsmacht verstanden.
Aktuell spielen wir Roulette. Mit der Welt, mit einer lebenswerten Zukunft. Keine gute Idee. Darauf zu bauen, dass uns der Zufall in die Hände spielt und das große Glück bringt, hat die Allerwenigsten an ein gutes Ziel gebracht. Die Meisten wurden enttäuscht, manch einer in den Ruin getrieben.
Wir sollten also aufhören damit, darauf zu warten, dass sich zufällig schon alles gut zusammenfügen möge oder sich zurückzulehnen in der Erwartung, dass andere es schon richten würden.
Der Zufall kann in manchen Momenten ein heiteres Ereignis sein. Aber sich darauf für die wesentlichen Themen des Zusammenlebens auf einem immer voller werdenden Planeten zu verlassen, würde bedeuten, vor den großen Herausforderungen der Welt zu kapitulieren.
Den Zusammenbruch könnten wir uns genau einmal erlauben. Doch kann es ja kaum gewollt sein, sehenden Auges auf ein solches Ende zuzusteuern.
Gehen wir also die Menschheitsfragen strategisch denkend und handelnd an und tun wir uns uns dabei zusammen. Das könnte im Nebeneffekt auch schöne Koinzidenzen und glückliche Zufälle ergeben.