Unterhaltung
Die Assoziationen, die man mit diesem Begriff haben kann, sind kontextabhängig. Ist von „Unterhaltungsprogramm“ die Rede, geht es wohl um ein Event mit möglichst entspanntem Inhalt. Spricht man von zwei oder mehreren Personen, die sich treffen, dann kann man davon ausgehen, dass die sich miteinander unterhalten wollen. Das ist dann nicht immer unterhaltsam, weil der Anlass für diese Unterredung möglicherweise ernst und komplex ist.
Hier soll es nun weniger um die erste Version des Begriffs gehen als vielmehr darum, wie Unterhaltung zwischen Menschen heute stattfindet. Und so fangen wir mal damit an, welche Vorstellungen es von zwischenmenschlicher Unterhaltung eigentlich gibt.
Unterhaltung beinhaltet „Halt“. Hier sollte es also substanziell vorgehen, in dem Austausch braucht es Stabilität, etwas Verlässliches, ein Zutrauen, dass man es hier mit Menschen zu tun hat, die sich für eine Sache interessieren, die im Gespräch Anhaltspunkte entwickeln wollen, an die sie sich halten können und die das Ziel haben, zu neuen Erkenntnissen zu kommen.
Dazu erforderlich also ist es, ein Thema zu durchdenken, diese Gedanken zu formulieren, im Gespräch zu reflektieren, zu hinterfragen und Erkenntnisgewinn zuzulassen. Das kann mit großem Ernst, wissenschaftlich, im Sinne eines Aushandelns, als Überprüfung von Perspektiven, auch humorvoll oder kreativ stattfinden.
Was eine Unterhaltung, die dieser Idee von Substanz nicht entspricht, wird mit dem Begriff „Klatsch“ bezeichnet. Der sucht nicht nach einem Fundament, das Halt gibt, sondern flattert, mit viel Gossip garniert, mal hierhin, mal dorthin und ohne Konsequenz im luftleeren Raum.
Das kann eine locker-leichte Unterhaltung im Sinne von Entertainment sein, ist aber nie etwas, das intellektuell eine neue Welt eröffnen, Eindruck hinterlassen oder in anderer Weise weiterbringen kann; diese Art der Unterhaltung ist für den Moment gedacht.
Die eigentliche Unterhaltung jedoch, die inhaltliche Kommunikation, die denkende Auseinandersetzung, die führt zu Verschiebungen. Wer sie mit Überzeugung führt, lässt sich darauf ein, dass sich etwas verändert. Aus solch einem Austausch geht man als jemand anderes heraus, als man hineingegangen ist. Im Mindesten verschiebt sich etwas, kommt ein Gedanke dazu und wird die Wahrnehmung für neue Reize geschärft.
Eine derartige Unterhaltung bleibt also nie ohne Folgen. Auch, wenn wir nicht wissen können, was das bedeutet, ob das Ganze gut ausgeht oder unbequeme Auswirkungen hat, es ist an der Zeit, dass wir uns diesem Experiment wieder häufiger stellen. Dass wir uns ganz bewusst von den ablenkenden, den oberflächlichen und schnelllebigen Events weg und zu substanziellen, ja auch anstrengenden Unterhaltungen hinbewegen. Dass wir den Mut haben, uns unseres Verstandes zu bedienen und das miteinander zu teilen, was wir in diesem Verstand so finden können.
Sich darauf einzulassen, könnte eine Menge in Bewegung bringen. Nicht nur den eigenen Kopf, sondern auch das, was Gemeinschaft und Gesellschaft zusammenbringt und befähigt, sich etwas anderes imaginieren und aktiv bessere Wege gehen zu können.
Wenn sich „da draußen“ - und wir stecken mittendrin - sowieso alles mögliche verändert, können wir doch besser aktiv damit umgehen. Die Dinge nicht passiv geschehen lassen, sondern ins substanzielle Denken und Tun wechseln.
Unterhalten wir uns mal darüber.