Probleme
Dieses Wort ist aus dem Vokabular von Leuten, die sich in der Öffentlichkeit äußern, tabu. Es gibt sie nicht. Herausforderungen ja. Die packt man an. Probleme haben nur Looser.
Dabei zeigt sich zunehmend: Die Themen, die den Diskurs gesellschaftsübergreifend und weltumspannend beherrschen, sind nicht einfach durch Ärmelaufkrempeln zu lösen. Es gibt weder eine Heroen-Figur namens Herkules, die man anrufen könnte, noch eine ökonomische oder politische Antwort, selbst keine technische Lösung, die den Komplex aus Fragen aus der Welt schaffen könnte.
Wir leben in Zeiten, in denen selbst Bond, James Bond, überfordert wäre. Der Titel des Programms, das uns schon seit Jahren und zunehmend konkret zu Leibe rückt, lautet:
„Zuviel ist nicht genug“.
Der aktuelle Film in Dauerschleife ist eine Mischung aus Apokalypse, Mafia-Drama und Politthriller, ist besetzt von einer Garde alter und übler Charaktere (meist männlich), huldigt der Vergangenheit, der Ideologie von Macht und Stärke, ist laut, krachend, voller irrationaler Anteile.
Es kommen jede Menge Technik-Zeug, Spielereien, Scifi-Fantasien vor, während man sich mit soften Faktoren wie Liebe, Kultur, sozialen Beziehungen nicht aufhält.
Das ist ein anderes Genre, das derzeit keinen Erfolg verspricht.
Probleme sind die Währung, mit der man in diesen Zeiten und über alle Kanäle Kasse macht. Sie bringen diejenigen hervor, die lange zurückgedrängt erschienen und nun wieder ihren großen Auftritt bekommen.
Damit verbunden ist oft wenig Geist, wenig Sozial-Kompetenz, wenig Rücksicht. Stattdessen wird in Rambo-Manier über alles hinweggewalzt, was sich gerade in den Weg stellt. Dabei wird nicht zimperlich vorgegangen.
Sich mit einem Thema intensiv befassen? Hält nur auf.
Fragen stellen und Gründe analysieren? Raubt Zeit.
Gemeinschaft formen? Mühsames Geeiere.
Um Verständnis und Miteinander ringen? Unnötiges Gequatsche.
Das Paradigma von „Immer-weiter-so“, von „Wachstum-für-alle-und-nonstop“, von „Konsum-Lust-ohne-Einschränkungen“ hat für Wenige eine Welt erzeugt, in die sich diese Minderheit zurückziehen und es sich fein machen kann. Probleme sind dann eben Herausforderungen.
Für Viele dagegen werden die Probleme immer mehr und immer größer. Parallel haben diese Vielen nicht die Macht und die Mittel, den multiplen Problemen etwas entgegenzusetzen. Ein Rückzug ist nicht möglich - wohin auch.
Hier seien mal ganz konkret ein paar der bekannten Themen unseres problematischen Seins benannt: Klimawandel, Artenvielfalt, Demokratie, Gleichberechtigung, Bildungsinhalte, Kriege, Lebensräume, Welternährung, Energieversorgung, Müllberge, Gesundheitssicherung, Infrastruktur ….
Man könnte ewig so weitermachen.
Jedes dieser Themen ist ein Problem. Die Menge dieser Probleme macht das Ganze zu einem Problemkomplex - zuviel ist offenbar immer nocht nicht genug.
Und nun? Gute Frage.
Ein „Nächste Frage“ können wir uns als Antwort allerdings nicht mehr leisten.
Es sollten sich also zügigst die zusammentun, die nicht den Rückzug antreten, sondern strategisch fundierte Konzepte entwickeln wollen. Möglichst zusammenhängend gedacht, möglichst mutig, möglichst klug und visionär ambitioniert.
Vielleicht kann man so ja mehrere Problembären mit einer Klappe erwischen. Den Versuch wäre es wert. Dann klappt‘s vielleicht auch mit der Zukunft.