Absurdität

Es lassen sich manchmal Worte entdecken, die im Alltag vielleicht gar nicht so üblich sind, die schnell vorbei rauschen, nicht weiter bemerkt werden. Irgendwie kennt man sie, hat sie auf jeden Fall schon gehört, hat eine Ahnung davon, was sie bedeuten könnten, man kann sie also einordnen, mehr muss man nicht wissen. Die nächsten Worte kommen ja schon hinterher.

Dabei ist manch eines dieser Worte richtig schön. Erst mal vom Klang her. „Absurdität“ laut ausgesprochen hat doch irgendwie eine eigene Melodie. Und fließt die Kehle runter wie ein besonderer Drink. Mal sehen, welche Wirkung das Wort eigentlich als Begriff so hat.

Wir kennen den Ausspruch „etwas ad absurdum führen“. Dann will jemand ausdrücken, dass das zuvor Gesagte widersinnig ist. Die Aussagen werden auf ihre Stimmigkeit hin untersucht, und wenn die nicht logisch zueinanderpassen, aber eine Begründung liefern sollen für z.B. eine irrwitzige Aufforderung, dann sorgt die Aufklärung dafür, die Absurdität zu entlarven.

Das ist eine gute Praxis von Argumentation: Aussagen untersuchen, auf ihre Stimmigkeit hin überprüfen, Gründe dafür und dagegen heranziehen und eine logische Schlussfolgerung ziehen, die andere von dem dahinterliegenden Inhalt überzeugen kann.

Klingt aufwendig. Ist es auch. Die Sache braucht Zeit.

Doch wo Zeit rar ist bzw. wo immer weniger Menschen sich Zeit nehmen für einen solch aufwendigen Prozess, da nimmt die Logik, die Suche nach dem Zugrundeliegenden, das abwägende Argumentieren ab. Da wird auch immer seltener der Austausch gepflegt, das Hin und Her von Gedanken, das konstruktive Streiten aus Sagen und Zuhören und Sagen und Zuhören und immer so weiter.

Wenn es also vor allem darum geht, Auffassungen, Meinungen, verknappte Aussagen - die allerdings episch breit ausgeführt - in die Welt zu pusten, wenn das viele gleichzeitig tun und so eine Kakophonie aus unfertig gedachten Wortballen die Welt fluten, dann entsteht Absurdität in einem Ausmaß, das man erst mal aushalten muss. Und dann verliert dieses schöne Wort jeden Witz, jeden Charme und auch die Anregung, argumentativ über Antworten nachzudenken.

Die luftig-leichte Absurdität, die man im Sprechen und Handeln von Kindern erlebt, die man auf Bühnen guter Satirikerinnen bewundern kann oder die einem im Alltag passieren, sind ist unter die Räder geraten. Stattdessen hat man zunehmend den Eindruck, das Absurde wird zum Normalfall erklärt.

Dazu ist es allerdings nicht gedacht. Absurdität ist eigentlich eine Angelegenheit, die man aufklären sollte. Sonst verwirrt sie, dann ist Orientierung nicht mehr möglich. Man könnte also den Verdacht haben, dass diejenigen, die das Absurde gerade nonstop in die Welt kübeln, damit etwas bezwecken. Nämlich genau diese Orientierungslosigkeit zu erzeugen, in der diese Leute wiederum unbemerkt ihre eigene Agenda verfolgen können.

Eine Agenda, die die eigene Macht vergrößert, denn schließlich weiß nur noch diese Gruppierung der Absurditätserzeuger, wo es langgeht. Das ist also nicht absurd, das folgt einem Plan.

Doch dieser Herangehensweise kann man sich ja widersetzen. Sind die Möglichkeiten absurden Verhaltens erst einmal erkannt, kann man den Spieß umdrehen und die „Kaiser in den neuen Kleidern“ als das entlarven, was sie sind: Wahnwitzige, die nur so tun, als hätten sie den Überblick und wären kompetent.

Hält man den Hirnrissigen also den Spiegel vor, lässt sich deren Absurdität aufdecken. Und im besten Fall bekommt das gute Argument dann wieder die Oberhand. Die Absurdität bleibt dann dort, wo man drüber lachen kann. Und das Wort bekommt so auch seine Schönheit zurück. 

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