Sprache
Die deutsche Sprache sei eine schwere Sprache, heißt es. Da ist was dran. Nicht nur das Vokabular ist riesig und kompliziert, auch die Grammatik hat es in sich. Und dann ist da noch die Sache mit der Bedeutung von Worten, Sätzen und Wendungen.
Wo wir gerade beim Thema sind: Was sagt uns denn das Wort Sprache überhaupt? Merkwürdige Frage, mag da manch einer denken, ist doch klar. Die gibt es weltweit in mindestens 7.000 bekannten Variationen, darüber tauschen sich Menschen aus, das ist ihr Mittel, um miteinander zu kommunizieren, ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen.
Und wer etwas zur Sprache bringen will, der hat ein wichtiges Anliegen vorzubringen.
Nun könnte man meinen, das ist dann ja doch eine recht eindeutige Angelegenheit. Wenn man eine gemeinsame Sprache hat, dann sollte es wohl sehr einfach möglich sein, sich über Inhalte, Sachverhalte oder Vorhaben eindeutig zu verständigen und abzustimmen. Doch schon da hakt es, denn Sprache ist nicht sachlich. Schon mal gar nicht eindeutig.
Zwar gibt es Regeln und Vereinbarungen, die in jeder verwendeten Sprache festhalten, welche Worte wie geschrieben werden und welche Definition sie haben. Aber schon bei einem scheinbar unverfänglichen Begriff wie „Mensch“ wird klar: Schreibweise ist definiert, doch was ist mit der Bedeutung? Biologisch, soziologisch, philosophisch, psychologisch, politisch usw. Jede Disziplin hat ihr eigenes Verständnis von diesem Terminus. Und auch emotional lässt sich der Begriff unterschiedlich einsetzen.
Unabhängig von (sprach-)wissenschaftlichen Ansätzen und Erkenntnissen gibt es noch eine andere Facette, auf die das Wort hinweist: Sprache ist eng verbunden mit Sprechen.
Texten z.B. ist etwas anderes, Übersetzen auch, Formulieren ebenso. In keinem dieser Begriffe kommt „Sprache“ vor, selbst wenn alle wissen, dass sie impliziert ist.
Was das bedeutet, erlebt man vielfach auch im Alltag. Es wird geredet, was das Zeug hält. Jede und jeder hat etwas zu sagen, will seinen Vorstellungen Ausdruck verleihen, die Stimme erheben, seinen Beitrag zur Diskussion einbringen. Doch wenn all das Gesagte, das Gesprochene auch eine Bedeutung bekommen, Konsequenzen haben und weiterdiskutiert werden soll, dann braucht es mindestens ein Gegenüber. Und zwar eines, das zuhört.
Ohne Zuhören ist Sprache tot. Und wenn Zuhörer und Zuhörerinnen nicht aufmerksam sind, sich an dem Inhalt des Gesprochenen nicht aktiv beteiligen, das Gesagte nicht aufnehmen, verarbeiten und zu verstehen versuchen, dann läuft das gesprochene Wort ins Leere.
Erst wenn Zuhörer auf Sprache eingehen, erst wenn sie zu erkennen geben, dass sie dabei sind, den Worten folgen und auf diese reagieren, erst dann macht Sprache Sinn.
Sinn im Sinne eines Dialogs, im Sinne von Weiterentwicklung von Gedanken, im Sinne von emotionaler und inhaltlicher Teilhabe. Erst die Reaktion einer Zuhörerin oder eines Zuhörers macht Sprache zu etwas, das uns als soziale, als teilnehmende und kommunikativ wirksame Menschen ausmacht. Erst dann kann man gemeinsam etwas machen – was das lateinische Ursprungswort „communicare“ einmal bedeutete.
Erst so wird und bleibt Sprache lebendig: sprechen und zuhören – hin und her. Tolle Sache.